DFG Schwerpunktprogramm 2080

"Katalysatoren und Reaktoren unter dynamischen Betriebsbedingungen für die Energiespeicherung und -wandlung"

 

Erneuerbare Energien chemisch speichern

Abb 1: Die Umwandlung von CO2 zu Methanol mit Hilfe erneuerbarer Energien
als Beispielreaktion für das SPP2080. Copyright: Gereon Behrendt/ChemCatChem

Im Rahmen der Energiewende stellt die fluktuierende Verfügbarkeit von erneuerbaren Energien wie Wind- und Solarstrom eine der größten Herausforderungen dar. Strom, der an wind- und sonnenreichen Tagen anfällt, kann in Form von chemischen Energieträgern wie Wasserstoff oder Kohlenwasserstoffen gespeichert werden. Dies setzt voraus, dass Katalysatoren, Reaktoren und elektrochemische Zellen unter von außen aufgeprägten dynamischen Reaktionsbedingungen eingesetzt werden.

Katalysatoren unter dynamischen Bedingungen

Der Einfluss dynamischer Bedingungen auf katalytische Reaktionssysteme wurde bisher kaum betrachtet, da chemische Reaktoren meist stationär betrieben werden. Neuere Untersuchungen belegen indes, dass sich die Struktur fester Katalysatoren und damit auch die katalytische Wirkung mit den Reaktionsbedingungen stark ändern kann. Dabei besteht zum einen das Potenzial, durch dynamischen Betrieb die Ausbeute der erwünschten Reaktionsprodukte zu erhöhen und Katalysatoren in Ruhephasen zu reaktivieren. Zum anderen müssen die nanostrukturierten Katalysatoren stabilisiert werden. Für eine effiziente Nutzbarmachung dynamischer Reaktionsbedingungen bedarf es daher eines grundlegenden Verständnisses aller beteiligten Prozesse – von der atomaren Skala des Katalysators bis hin zu dreidimensionalen Konzentrations- und Temperaturverteilungen im technischen Reaktor. Die rasante Entwicklung bei spektroskopischen Methoden und im Bereich der Modellierung kombiniert mit neuen Ansätzen im Material- und Reaktordesign bieten dafür exzellente Voraussetzungen.

 

Abbildung 2:  Elektrokatalytische Umsetzung von CO2 und/oder H2O sowie katalytische Umsetzung in Speichermoleküle wie Methan, Kohlenwasserstoffe, Alkohole, LOHCs (liquid organic hydrogen carriers) oder Ammoniak;
Abbildung basierend auf Ref. [1].

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Hier setzt das Schwerpunktprogramm 2080 an. Angewandt auf aktuelle Fragen der Energiewende soll ein grundlegendes Verständnis mikroskopischer Prozesse an festen Katalysatoren unter dynamischen Bedingungen und deren Auswirkungen auf Aktivität, Selektivität und Stabilität erarbeitet werden. Dabei sollen auch die für das Verhalten technischer Katalysatoren wichtigen Transportvorgänge auf der Mesoskala Beachtung finden. Das interdisziplinäre Forschungsvorhaben ist in der Technischen Chemie bzw. der Chemischen Reaktionstechnik lokalisiert und explizit offen für weitere Gebiete der Chemie, Physik oder Materialwissenschaften, die zur Thematik beitragen.

 

Interdisziplinäre Verbünde

In interdisziplinären Verbünden werden dazu grundlegende und methodische Herausforderungen des dynamischen Betriebs in fünf eng verknüpften Themenbereichen untersucht:

(A) Charakterisierung mittels „operando“-Methoden, d. h. unter Reaktionsbedingungen, um Feststoffkatalysatoren „bei der Arbeit“ unter dynamischen Bedingungen zu verstehen,

(B) vorhersagekräftige theoretische Beschreibung sich unter dynamischen Reaktionsbedingungen ausbildender aktiver Phasen und am Katalysator ablaufender Elementarschritte,

(C) Kinetik und Multiskalenmodellierung unter Einbeziehung atomarer Informationen zum Verständnis des Verhaltens von Katalysatoren und Elektroden unter technischen und dynamischen Bedingungen,

(D) gezielt hergestellte Materialien, um katalytisch aktive Oberflächenstrukturen zu stabilisieren und bei periodischer Reaktionsführung zu untersuchen,

(E) neuartige Reaktor- und Elektrolyseurkonzepte für methodische Untersuchungen unter transienten Bedingungen.

 

Effizienter Betrieb

Der zu erwartende Erkenntnisgewinn soll künftig den effizienten Betrieb katalytischer Systeme unter dynamischen Bedingungen ermöglichen. Das grundlegende Verständnis hierfür wird am Beispiel von Reaktionen zur Energiespeicherung und -wandlung erarbeitet (Abb. 2) und schafft die Grundlage für zukünftige technische Anwendungen. Charakteristisch für alle untersuchten Systeme ist, dass die Dynamik systematisch im Zeitbereich zwischen Sekunden und Tagen von außen aufgeprägt wird, entweder weil die aufgeprägte Dynamik nur mit großem Aufwand vermieden werden kann (z. B. schwankendes Angebot an elektrischer Energie), oder weil durch den dynamischen Betrieb begründete Vorteile für die Raum-Zeit-Ausbeuten oder Selektivitäten der katalytischen Reaktionen erwartet werden. Der zu erwartende Erkenntnisgewinn ist dabei auch interessant für andere Bereiche wie Abgaskatalyse, Selektivoxidationen, Brennstoffzellen, Batterien oder Photokatalyse. Diese Anwendungen sind jedoch ebenso wie rein physikalisch-chemische Studien nicht Gegenstand dieses SPPs.

 

[1] K. F. Kalz, R. Kraehnert, M. Dvoyashkin, R. Dittmeyer, R. Gläser, U. Krewer, K. Reuter, J.-D. Grunwaldt, ChemCatChem 2017, 9, 17-29.